Sacré-Coeur - die imposante Basilika auf dem Montmartre-Hügel in Paris. Eine typische Touristenattraktion, die viele Menschen anzieht und motiviert, das Bauwerk und die Innenräume in sich aufzunehmen und festzuhalten. Am einfachsten mit der Handykamera, sie ist griffbereit und das Bild kann sofort oder später mit den Liebsten geteilt werden.

Bei unserem letzten Besuch ist uns aufgefallen, wie die Menschen diese Momente unterschiedlich einfangen. In die Kirche eintreten, langsam den Grundriss durchschreiten und in der Stille den eigenen Gedanken nachgehen und beten. Andere ignorieren jegliche Hinweisschilder, dass man das Fotografieren im Innern der Kirche unterlassen soll und zücken das Handy, um die Altarbilder, die farbigen Rosetten oder das beeindruckende Mosaik in der Kuppel über dem Altar bildlich festzuhalten. Die Bild-Bearbeitung erfolgt in der Kirchenbank direkt auf dem Handy.

Beim anschliessenden Spaziergang durchs Künstlerquartier auf dem Montmartre stellen wir uns folgende Fragen:

  • Kann man Augenblicke festhalten? Den Moment einfangen und später wieder hervorholen?
  • Was gibt das umfassendere Bild? Die Wahrnehmung über alle Sinne, wie es im entsprechenden Moment gerochen, getönt, ausgesehen und sich angefühlt hat? Oder der rein visuelle Blick durch die Handykamera?
  • Wie bewusst bin ich dabei und nehme alle Eindrücke in mich auf?
  • Bin ich unbewusst dabei, weil mein Bewusstsein auf das Handy-Display fokussiert ist? Wirkt die Handykamera wie ein Filter, schränkt mein Bildfeld ein und schützt mich davor, im Herzen berührt zu werden?
  • Habe ich das Vertrauen in mich selbst, den Moment über meine Erinnerung später wieder hervorholen zu können? Ganzheitlich, mit dem Herzen oder primär visuell, was nur einem der fünf Sinnesorgane gerecht wird?
  • Wieso halten wir bildlich fest, was andere schon tausendfach fotografiert und im Internet publiziert haben?
  • Bin ich in meiner vollen Grösse dabei und lasse ich mein Herz berühren und Emotionen entstehen? Ist das nicht mein Eintrittsticket, um später meine Eindrücke abzurufen und den beeindruckenden Moment wieder aufleben zu lassen?

Wir erkennen Parallelen zu unserer Coaching- und Hypnosetherapie-Tätigkeit: Mit den verschiedenen Sinnen bewusst dabei zu sein, das Herz berühren zu lassen und als ganze Persönlichkeit präsent zu sein ist – das ist oftmals der Schlüssel, damit Menschen private und berufliche Herausforderungen anpacken und neue Lösungswege entdecken und beschreiten können.

PS: Uns passiert es auch, dass wir Augenblicke nur oberflächlich wahrnehmen. Dann versuchen wir, uns zu beSINNEn, innezuhalten und den Moment ganzheitlich wahrzunehmen. Erst danach zücken wir die Handys und machen Fotos, um das spätere Erinnern zu erleichtern.

[Liselotte und Roland Greber, undbewusst.ch, 29.9.2021]